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Die grüne Macht am RheinWas der Wahl-Erfolg für die Kölner Stadtpolitik bedeutet

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Grüne Applaus Köln

Wahlparty in der Ex-Vertretung von den Kölner Grünen.

Köln – „Wann kann denn hier mal gejubelt werden?“, fragt Sven Lehmann am Sonntagabend gegen 21 Uhr. Der Staatssekretär ist zu Gast auf der grünen Wahlparty, im vergangenen Jahr holte er selbst ein Direktmandat für den Bundestag. Jetzt gelingen seiner Kölner Partei Siege in gleich vier Wahlkreisen.

Einer davon seinem bisherigen Büroleiter Frank Jablonski, der CDU-Chef Bernd Petelkau mit mehr als zehn Prozentpunkten Vorsprung aus dem Landtag wirft. Doch um 21 Uhr will Jablonski der Sache noch nicht so recht trauen, wer weiß schon, was sich da noch drehen könnte. Die grüne Zurückhaltung hört erst auf, als alles offiziell eingetütet ist, die ersten grünen Direktmandate für den NRW-Landtag überhaupt. Auch Gewinnen muss gelernt sein.

Am Montag klingt Jablonski, der auch Kölner Grünen-Chef ist, schon erheblich entspannter, aber immer noch demütig. Er werde „erst wenn die erste Sitzung läuft, wirklich realisieren, dass ich Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen bin.“

Jablonski ist für schrille Töne nicht zu haben. „Uns hat die hohe Geschlossenheit so erfolgreich gemacht. Wir begreifen uns als Team“, sagt er über seine Co-Parteichefin Katja Trompeter und sich. „Wir sind nicht als Lautsprecher bekannt.“ Wenn provozieren, dann dosiert und subtil: „Wir sprechen direkt mit den Akteuren und nicht über die Presse. Die Zeit der Lautsprecher, die mit möglichst markigen Worten Öffentlichkeit herstellen wollen, scheint auch für die Wählerinnen und Wähler vorbei.“

Explizit mitgemeint ist Konkurrent Petelkau, dessen politische Karriere mit dem Verlust des Landtagsmandats nun wohl wirklich auf der Zielgerade befindlich ist.

Historischer Grünen-Sieg in Köln: „Uns war klar, dass es absolut machbar ist“

„Von der Deutlichkeit waren wir in Lindenthal überrascht, wir hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet“, sagt Jablonski, der 36 Prozent der Erststimmen holte. Um zu ergänzen: „Es hat sich aber ein bisschen abgezeichnet. Wir haben dort die vergangenen vier Wahlen gewonnen.“ Das gilt im Übrigen auch für Köln insgesamt: Die Grünen sind inzwischen die klare Nummer eins.

Katja Trompeter sagt, sie sei „unheimlich zufrieden“ mit dem Wahlergebnis. Man habe als Partei durchaus darauf hingearbeitet, „diese Direktmandate zu holen. Uns war klar, dass es absolut machbar ist.“ Dennoch sei das Gesamtergebnis „unglaublich“. Das Selbstverständnis der Grünen als politische Richtungsgeber wächst, aber es wächst weniger schnell als die Balken bei den Wahlen.

Im Stadtrat arbeitet man vergleichsweise geräuschlos mit der CDU zusammen. Das wird an der Basis wertgeschätzt. Doch die grüne Schweigsamkeit kann dann verdächtig wirken, wenn sie mit Intransparenz gepaart ist. Das installierte Begleitgremium zur Erweiterung der Bahnlinien auf der Kölner Ost-West-Achse tagt – auch auf Wunsch der Grünen – nicht öffentlich.

Während sich die CDU klar für eine unterirdische Stadtbahn und die Linken mit klimapolitischen Bedenken dagegen argumentieren, schwanken die Grünen einigermaßen unübersichtlich hin und her. Und beraten gemeinsam mit der Verwaltung und den anderen großen Fraktionen hinter verschlossenen Türen. Die Richtung wird hier gesucht, nicht vorgegeben. Auch um die anstehende Gestaltung des Otto-Langen-Quartiers in Mülheim – eine riesige Chance für progressive Stadtentwicklung – ist es im Ratsbündnis zuletzt ruhig geworden.

Kölner Grüne: Inhalte wichtiger als politische Partner

In der Ratsfraktion führen Lino Hammer und Christiane Martin die entscheidenden Gespräche, wenn es um die großen Themen Stadtentwicklung und Verkehr geht, sprechen auch mal von einem „harten Ringen“ mit der CDU, zeigen sich aber grundsätzlich mit allem zufrieden, was im grünen Selbstverständnis ein Fortschritt ist. Oder ein Fortschrittchen.

„Wir setzen weniger als andere Parteien auf Personalisierung“, sagt Trompeter. „Die Inhalte sind entscheidend und immer an erster Stelle – auch, wenn wir natürlich bekannte Personen in unseren Reihen haben.“ Dazu gehören durchaus auch Arndt Klocke und Berivan Aymaz, die mit weitem Abstand ihre Wahlkreise gewonnen haben und erneut im Landtag sitzen.

Aber auch die bislang vollkommen unbekannte Eileen Woestmann konnte sich in Rodenkichen mit weitem Abstand gegen CDU-Promi Oliver Kehrl durchsetzen. Für Trompeter sind die Erfolge eine Folge der grünen Kommunalpolitik: „Beim Verkehr, beim Klima und auch bei sozialen Themen ist unheimlich viel passiert. Und diese Dinge haben auch eine hohe Sichtbarkeit“, betont sie. Zumindest auf der nun autofreien Ehrenstraße und auf den an vielen Stellen breiter gewordenen Radwegen wird grüne Verkehrspolitik langsam sichtbar.

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Auch wenn vieles länger dauert als erhofft. Das Tempo, mit denen Radwege ausgebessert werden, lässt den angekündigten „Fahrradgürtel“ längst noch nicht erahnen. Auch ist die gesamte Innenstadt als 30er-Zone, wie sie die Grünen gerne hätten, bislang nicht annährend umgesetzt. „Es ist das Wesen der Demokratie, Kompromisse zu finden. Dabei muss man natürlich Kröten schlucken, das gilt auch für den Bündnisvertrag in Köln“, sagt Jablonski.

„Es ist dennoch ein sehr guter Vertrag mit sehr vielen grünen Inhalten.“ Einen solchen müsse man nun auch auf der Landesebene angehen – ob mit CDU oder SPD. „Auf der Landesebene haben wir klare Überzeugungen, etwa zum Kohleausstieg 2030 und einer klimaneutralen Industrie bis 2040. Wir brauchen dringend einen Wechsel in der Mobilitätspolitik. Dafür werden wir sehr offensiv streiten“, verspricht Jablonski.