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Nach „Sandkoffer“-EvakuierungenReisegepäck verboten – Weihnachtsmarkt in Köln erhöht Sicherheitsmaßnahmen

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Dieser verwaiste Koffer führte dazu, dass der Weihnachtsmarkt am Heumarkt am Sonntag geräumt werden musste. Einen Tag zuvor war das auch am Rudolfplatz der Fall.

Dieser verwaiste Koffer führte dazu, dass der Weihnachtsmarkt am Heumarkt am Sonntag geräumt werden musste. Einen Tag zuvor war das auch am Rudolfplatz der Fall.

Nachdem am Wochenende zwei Weihnachtsmärkte geräumt werden mussten, zieht eine Betreiberin eine Konsequenz. Das NRW-Innenministerium schätzt die Gefährdungslage ein.

Schon in einer Woche steht das Weihnachtsfest bevor. Für die Kölner Weihnachtsmärkte beginnt damit der Endspurt. Gerade jetzt kommen besonders viele Menschen auf den vielen Märkten zusammen, um das Jahr bei Glühwein ausklingen zu lassen.

Oder um sich vielleicht etwas Mut anzutrinken, wenn sie Köln mit dem Zug über die Feiertage Richtung Heimat und buckeliger Verwandtschaft verlassen. Praktischerweise befindet sich mit dem Weihnachtsmarkt auf dem Roncalliplatz einer der größten in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs. Allerdings ist das mit Glühwein auf der Durchreise beim Weihnachtsmarkt am Kölner Dom jetzt nicht mehr so einfach.

„Seit Montag sind Koffer bei uns auf dem Roncalliplatz nicht mehr zugelassen“, sagt Monika Flocke. Eine unmittelbare Konsequenz, die die Betreiberin des Weihnachtsmarktes am Dom aus den Ereignissen des vergangenen Wochenendes zieht. Denn gleich zwei Kölner Weihnachtsmärkte mussten dann evakuiert werden. Erst das „Nikolausdorf“ auf dem Rudolfplatz am Samstag, am Sonntag traf es „Heinzels Wintermärchen“ auf dem Heumarkt. Der Grund in beiden Fällen: ein Koffer ohne Besitzer. Viel Polizei war vor Ort, ein Kampfmittelräumdienst des Landeskriminalamtes ebenfalls. Große Aufregung, bis sich herausstellte: In den Koffern befand sich nichts Gefährliches, sondern nur mehrere Kilogramm Sand.

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Weihnachtsmarkt-Betreiberin: Angst darf nicht überwiegen

Zusätzliche Security-Mitarbeitende an den drei Haupteingängen, die das Publikum mit Reisegepäck zurückweisen sollen, hat Flocke für ihren Weihnachtsmarkt auf dem Roncalliplatz nun eingestellt. Es ist nicht das erste Mal, dass ihr Weihnachtsmarkt mit sicherheitsrelevanten Ereignissen konfrontiert wird: „Durch das Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz im Jahr 2016 und den Anschlagsplänen auf den Weihnachtsmarkt in Opladen erst im vergangenen Jahr setzen wir uns mit möglichen Gefahren auseinander“. Andere Betreiber von Weihnachtsmärkten teilten dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit, dass sie ihr Personal durch die Kofferfunde noch einmal sensibilisiert hätten.

Für Flocke ist die Kofferverbotszone am Roncalliplatz jedoch lediglich eine vorsorgliche Maßnahme. Denn die „Sandkoffer“ dürften nicht dazu führen, dass nun Angst überwiegt. Bislang sei das auch nicht der Fall – die Stimmung auf dem Weihnachtsmarkt am Kölner Dom sei weiterhin „wirklich gut“ und es seien auch viele Besucherinnen und Besucher da. Flocke hat den Eindruck, dass die Menschen sich durch die Ereignisse nicht einschüchtern lassen. Richtig so, meint die Weihnachtsmarkt-Betreiberin: „Ansonsten würden die Verantwortlichen ihr Ziel erreichen.“

Polizei Köln: Kofferfunde könnten „alles oder nichts“ gewesen sein

Noch ist allerdings nicht bekannt, welches Ziel das konkret gewesen sein soll. Details, sei es zu Tatverdächtigen oder den Koffern an sich, gibt es laut Christoph Gilles von der Polizei Köln bislang nicht. Die Ermittlungen durch den Staatsschutz dauern nämlich noch an. Die Kofferfunde könnten nach aktuellem Stand „alles oder nichts“ gewesen sein. Ein fragwürdiger Streich ist genauso wie eine politisch-extremistische Motivation möglich.

Der Weihnachtsmarkt am Dom auf dem Kölner Roncalliplatz. Hier sind seit Montag Koffer nicht mehr erlaubt.

Der Weihnachtsmarkt am Dom auf dem Kölner Roncalliplatz. Hier sind seit Montag Koffer nicht mehr erlaubt.

Die Weihnachtszeit birgt dabei ein besonderes Risiko – sie stellt „aufgrund ihrer Symbolik für christliche Werte ein ideologisch geeignetes Ziel für islamistisch motivierte Täterinnen und Täter dar“, wie ein Sprecher des NRW-Innenministeriums dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitteilt. Ein prominentes Beispiel aus Köln dafür sind etwa die Anschlagspläne auf den Dom der Terrororganisation „Islamischer Staat – Provinz Khorosan“ (ISPK) Ende Dezember 2023.

Verfügungen von Innenminister Reul sollen Weihnachtsmarktbesuche entspannt machen

Die „abstrakte Gefährdungslage“ in Deutschland durch islamistische Terroristen sei demnach zwar „weiterhin auf einem anhaltend hohen Niveau“, aber den Sicherheitsbehörden liegen laut NRW-Innenministerium keine Hinweise oder Erkenntnisse vor, die auf eine konkrete Gefährdung von Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte schließen ließen.

Jedoch hat gerade der Solinger Mordanschlag im August gezeigt, „dass wir in Fragen der Sicherheit verletzlich sind“, sagt der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul dazu. Der CDU-Politiker hat deshalb verfügt, dass die Polizeipräsenz auf öffentlichen Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkten erhöht wird und die Beamten Kontrollen durchführen können. Außerdem hat die Bundesregierung das Waffengesetz angepasst, wodurch Waffen und Messer bei öffentlichen Veranstaltungen und Märkten verboten wurden.

„Die Änderungen sind gut, sie sind wichtig“, sagt Reul. Die Behörden könnten so vernünftig ihre Arbeit machen, „damit wir alle den Weihnachtsmarkt entspannt genießen können.“ Trotzdem mahnt der Landesinnenminister an, dass es „keine lückenlosen Kontrollen geben kann“ – deshalb appelliert er: „Aufmerksam bleiben und Verdächtiges der Polizei melden!“