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Hochzeit mit Figaro, ohne GästeKölner Oper präsentiert Film über die Corona-Zeit

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Alle mit Masken: „Making-of“-Filmdreh hinter der Bühne bei den Proben zum  „Figaro“ 

Köln – Es ist alles anders: Wer auf die Bühne kommt, muss sich zuvor die Hände desinfizieren, wer abtritt, ebenfalls. Ein gemeinsamer Löffel für Figaro und Gräfin? Geht gar nicht in diesen Zeiten. Einigen Kostümen bekommt die Waschmaschine, anderen nicht – die müssen dann in einen „Ozonschrank“, wo Bakterien und Viren zuverlässig abgetötet werden.

Opernproduktion unter Corona-Bedingungen. Wie das – allenfalls – geht, führt das Kölner Haus derzeit in einem vom Team Schnittmenge erstellten, von der Homepage abrufbaren „Making-of“ zur Wiederaufnahme von „Figaros Hochzeit“ vor. Diese hätte eigentlich am 1. April analog im Staatenhaus 2 in Szene gehen sollen. Das war bekanntlich nicht möglich, es wird auch auf absehbare Zeit nicht möglich sein. Und eine als Stream konsumierbare Aufführung der Mozart-Oper? Diese Option war, wie zu hören ist, zu aufwändig, zu problembeladen, wohl auch zu teuer.

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So bewegt sich das „Making-of“, das den sinnigen Titel „Hochzeit mit Figaro ohne Gäste“ trägt, ein Stück weit in einem Graubereich zwischen Komik und gespenstischer Absurdität: Es ist ein filmischer Bericht über eine Produktion, die (jedenfalls fürs Erste) nicht stattfindet. Genauer: Es kreist um das schwarze Loch des ausbleibenden Resultats, des tatsächlich stattfindenden Premierenabends mit leibhaftigem Publikum. Dass ohne Interaktion zwischen Bühne und Zuschauern Essenzielles von dem fehlt, was Oper ausmacht, ist Intendantin Birgit Meyer und Chefdramaturg Georg Kehren selbstredend bewusst: „Da brechen jetzt Selbstverständlichkeiten weg, es ist ein unvorstellbares Aufhören.“ Bei Meyer klingt sogar Erschrecken darüber an, dass sich der öffentliche „Aufschrei“ über den einstweiligen Opern-Lockdown dann doch in sehr zivilisierten Grenzen hielt.

Der Weg ist das Ziel

Tatsächlich muss sich im Fall dieses Produktionsfilms auch der Zuschauer am heimischen Endgerät mit der Devise „Der Weg ist das Ziel“ anfreunden – etwas anderes bleibt ihm gar nicht übrig. Nein, er bekommt hier keinen „Figaro“, sondern lediglich Ausschnitte aus den Proben serviert, teils mit Klavier, teils schon mit Orchester. Die Proben wurden von Anfang an filmisch begleitet. Hinzu kommen, in kurzer Schnittfolge, Interviews mit den Beteiligten in der ganzen Breite ihrer Zuständigkeiten: von der Intendantin, vom Chefdramaturgen, von der Regisseurin und vom Dirigenten über die beteiligten Künstler „on the stage“ wie im Orchestergraben bis zu den Mitwirkenden sämtlicher Gewerke auf und hinter der Bühne.

Das ist imposant genug und allemal insofern aufschlussreich, als dem Betrachter drastisch vor Augen geführt wird, auf welch komplexen Kooperationen das Uhrwerk einer gelingenden Opernproduktion so oder so beruht. Dass die Schwierigkeiten unter der schweren Bürde einer Pandemie ins schier Unendliche wachsen – auch dies kommt trotz der vorwaltenden „Als ob“-Situation drastisch genug herüber. Und schlägt auch unmittelbar auf die künstlerische Dimension durch. In ihrer Originalgestalt war die 2017er Inszenierung von Emmanuelle Bastet nicht zu verwenden, sie musste corona-kompatibel gemacht werden.

Universelles erotisches Flirren

Eine undankbare Aufgabe, der sich Charlotte Wulff unterzog – sie gibt in kurzen Werkstattberichten über ihre Nöte beredt Auskunft. Mozarts Oper ist erfüllt von einem universellen erotischen Flirren, das szenisch ohne die körperliche Nähe der Darsteller beziehungsweise die Bereitschaft zu ihr kaum umsetzbar ist. Wie diese Nähe erzeugen, wenn dank der Hygiene-Auflagen ein Abstand von drei Metern zwischen den Sängern gewahrt werden muss?

Nun, diesbezüglich ist Wulff einiges eingefallen, das ihrer Bühnenfantasie ein gutes Zeugnis ausstellt: Das Ehebett, das im Auftrittsduett Figaro – Susanna eine große Rolle spielt – genauer: seine Matratze –, fungiert jetzt als Corona-Trennwand zwischen beiden. Wo es üblicherweise eine Ohrfeige setzt, fliegt nun ein Schuh. Ein Duschvorhang aus pandemie-sicherem Plastik hält Einzug. Es komme, sagt der technische Leiter Volker Rhein, darauf an, „überzeugend aus der Distanz zu begehren“. Keine Frage: Wenn alles vorbei ist, wird die Theaterwissenschaft zweifellos für diese Tage und Monate (und Jahre?) die Entwicklung einer spezifischen Corona-Ästhetik konstatieren.

„Der Stress ist ein bisschen raus“

Wer mitten drinsteckt, dürfte diesen Aspekt indes kaum würdigen wollen und können. Wulff wendet vielmehr den Titel von Mozarts Beaumarchais-Vorlage – „Der tolle Tag“ – auf die aktuelle Arbeitssituation an der Kölner Oper an und spricht von einem „Verlust an Realität“. Arne Willimczik, der Dirigent, kann der Lage freilich auch Positives abgewinnen: „Der Stress ist ein bisschen raus – es kann auch wohltuend sein, Musik zu machen, weil es einfach Spaß macht.“

Ernstzunehmen ist wohl auch der Hinweis von Dramaturg Kehren auf einen übergeordneten Aspekt: die Beziehung zwischen dem Opernstoff und der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation, die ihm eine unerwartete Aktualität verleiht. Einer, Graf Almaviva, hat alles, alle anderen haben – nichts. Das ist die (nicht besonders lustige) Ausgangssituation der angeblich so heiteren Buffa „Figaros Hochzeit“. Kommt uns das bekannt vor in einer Zeit, da man den Krisengewinnlern beim Reicherwerden zusehen kann, während viele, allzu viele nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen?

www.oper.koeln.de