Köln – Am Fuße des Dirigentenpodests sitzt ein kleiner Teddy, gekleidet im Frack, um den Oberkörper eine ukrainische Fahne gewickelt. Es ist das Maskottchen des Bundesjugendorchesters, Konrad, der auch dieses Benefizkonzert mit dem Jugendsinfonieorchester der Ukraine in der Kölner Philharmonie begleitet.
Mit Musik soll an diesem Abend Frieden geschaffen werden. So leitet Louwrens Langevoort, Intendant der Philharmonie, in einer kurzen Ansprache diesen besonderen Abend ein. Auch die Wahl des Programms reflektiert diese Absicht. Die Ukraine steht im Vordergrund, in ihrer Schönheit sowie ihrer Tragik.
Nur wenig später ertönen bereits die Klangschläge, die Beethovens Ouvertüre aus „Die Geschöpfe des Prometheus“ eröffnen. Die kämpferische Energie, die die jungen Musiker mit diesem Stück ausstrahlen, ist vom ersten Moment an zu spüren.
Gratwanderung zwischen Begeisterung und Bedrückung
Mit Borys Ljatoschynskyjs Ballade „Hrazyna“ kippt die Stimmung zunächst. Die Atmosphäre ist beunruhigend dunkel, das Stück baut sich langsam über einzelne Instrumentengruppen auf. Doch dann beginnt eine wilde Jagd. Mit Paukenwirbeln, vollem Blech und der Rhythmik der Snare Drum entsteht eine mitreißende Dramatik. Auch die Streicher haben sichtlich Spaß, sich im Fortissimo auszutoben. Zum Schluss kehrt das Stück jedoch wieder zur Dunkelheit zurück und klingt auf tragische Weise aus.
In der ukrainischen Ballade spiegelt sich die Atmosphäre des ganzen Abends wieder: Es ist eine ungewöhnliche Gratwanderung zwischen Begeisterung und Bedrückung. Mal spürt man die Freude, die die Musiker auch beim Spielen zeigen, mal die Trauer, die dem Anlass dieses Konzertes innewohnt.
Überwältigendes Gefühl der Gemeinschaft
Dvoraks Sinfonie Nr. 8 bildet zweifellos einen der euphorischen Momente dieses Konzerts. Der Hörer wird schon mit Beginn des ersten Satzes in die Natur versetzt. Eine willkommene Reise an diesem Abend mit einem fantastisch stürmischen Finale, das das Publikum mit tosendem Applaus aus den Stühlen reißt.
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Der Dirigent Artem Lonhinov kündigt nach langem Beifall noch eine Zugabe an: ein ukrainisches Vater Unser, das den Kriegsopfern gewidmet ist. Einige Orchestermitglieder spielen, andere haben ihr Instrument beiseitegelegt und singen das ruhige, leise Gebet für ihr Heimatland. Ein kurzer Blick ins Publikum verrät, wie viele zu Tränen gerührt sind. Die Philharmonie Köln ist erfüllt von einem überwältigenden Gefühl der Gemeinschaft. Nach einem letzten Applaus fallen sich die Musiker in die Arme, und Lonhinov verlässt die Bühne mit Konrad, dem deutsch-ukrainischen Maskottchen, im Arm.