Leverkusen – Die Vorbereitungen für den neuen NRW-Krankenhausplan gehen in die heiße Phase. Mitte Oktober sind alle Kliniken des Landes aufgerufen, nachzuweisen, was sie künftig anbieten wollen und wie sie dafür gerüstet sind – basierend auf Vorgaben der Landesregierung. Beide Krankenhäuser in Leverkusen kämpfen für sich, ein Zusammenschluss kommt scheinbar auf absehbare Zeit nicht infrage.
Das sagt das Klinikum:
Das Klinikum Leverkusen hat zu den neuen Planungen eine klare Haltung: „Wir wollen uns nicht kleiner machen als wir derzeit sind“, sagt Hans-Peter Zimmermann, der kaufmännische Geschäftsführer. Das heißt: Abgeben will man in Schlebusch keine Abteilung: „Wir wollen unser Leistungsprofil auch künftig voll anbieten.“
Die NRW-Krankenhausplanung
Effektive Steuerung, mehr Transparenz und Qualität – das verspricht sich die Landesregierung von der neuen Krankenhausplanung. Im Klartext heißt das: Das Land will die Krankenhausstruktur straffen, spezialisierte Behandlungen sollen nur noch an dafür besonders gut ausgerüsteten Kliniken durchgeführt werden.
Dadurch solle aber auch die flächendeckende Grundversorgung gestärkt werden: In Nordrhein-Westfalen soll für über 90 Prozent der Bevölkerung ein Krankenhaus innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein, so das NRW-Gesundheitsministerium. Der Plan schreibe auch die flächendeckende Vorhaltung der Intensivmedizin fest. Je spezieller aber die Behandlungsform, desto weitere Anfahrtswege gelten als akzeptabel.
Am 17. Oktober 2022 werden die Bezirksregierungen die Krankenhäuser zu Verhandlungen mit den Krankenkassen über regionale Planungskonzepte auffordern. Ab diesem Zeitpunkt können die Krankenhäuser die dafür nötigen Unterlagen digital in einer eigens dafür bereitgestellten Datenaustausch- und Analyseplattform einstellen.
Die Verhandlungen beginnen dann ab dem 17. November 2022 und müssen nach spätestens sechs Monaten abgeschlossen sein. Danach übernimmt die jeweilige Bezirksregierung die Verfahrensleitung und bezieht dann auch weitere Beteiligte auf regionaler und überregionaler Ebene mit ein. Abschließend entscheidet das Ministerium über die Versorgungsaufträge. (stes)
Früher wurde Krankenhausplanung und -finanzierung nach der Anzahl der Betten durchgeführt. „Jetzt wird gefragt: Wer erfüllt was? Betten hat jedes Krankenhaus“, erklärt Anja Mitrenga-Theusinger. Heute steht nur eine Betten- und Fachkräfteanzahl hinter dem Punkt „Orthopädie“. Künftig werde gefragt: „Welches Haus macht das Knie? Wer macht die Hüfte?“, erklärt die medizinische Geschäftsführerin des Klinikums.
Für jedes einzelne Feld werden entsprechende Fallzahlen und Fachärzte abgefragt, nur wer sie hat, bekommt den Zuschlag. „Das hat auch etwas mit Qualitätssicherung zu tun“, sagt die Ärztin. „Denn natürlich ist die Qualität der erbrachten Leistung bei einem Arzt höher, der 100 Hüften im Jahr operiert, als bei einem, der nur fünf macht.“ Das Klinikum sieht sich für alle derzeit abgedeckten Bereiche gut aufgestellt: „Wir haben das alles durchgerechnet, aktuell erbringen wir in allen Bereichen die geforderten Zahlen.“
Mit dem neuen System werde es auch nicht mehr möglich sein, dass jedes Haus sich nach den lukrativeren Bereichen orientiert. „Wenn man nach Köln schaut, hat da jedes zweite Krankenhaus einen Herzkathetermessplatz. Das wird so künftig nicht mehr genehmigt werden“, sagt Mitrenga-Theusinger. Zwar können weder Krankenkasse noch Land einem Krankenhaus eine Abteilung verbieten – aber sie können die Finanzierung dafür ablehnen, was denselben Effekt haben wird.
Auch das Remigius-Krankenhaus in Opladen geht „mit starker Brust“ in die Verhandlungen, wie Geschäftsführer Thomas Karls am Freitag betont: „Wir möchten das Leistungsspektrum, was wir jetzt haben, weiter anbieten.“ Schwerpunkte in Opladen sind vor allem die Orthopädie und die Geriatrie, die wurde mit dem Umzug der geriatrischen Abteilung von Wiesdorf nach Opladen jüngst gestärkt.
Man habe dreimal so hohe Fallzahlen in der Orthopädie im Vergleich zum Klinikum, erklärt Karls, und auch bei der Alterstraumatologie sieht sich das Krankenhaus im Vergleich zur Konkurrenz nicht nur in Leverkusen, sondern in der gesamten Umgebung sehr gut aufgestellt. In der Geriatrie gebe es sogar Wartelisten, fügt Ralf Decking hinzu. Derzeit könne man aufgrund des Pflegekräftemangels nur 59 der möglichen 90 Betten betreiben, sagt der stellvertretende Ärztliche Direktor.
Zusätzlich will sich das Opladener Krankenhaus auch im Bereich der Pneumologie verstärken, zum Beispiel werde eine Long-Covid-Ambulanz beantragt. „Lungenkrankheiten nehmen zu, der Bereich ist zukunftsfähig“, erklärt Pressesprecherin Cerstin Tschirner. Verstärkt will das Remigius-Krankenhaus auch daran arbeiten, eine schwarze Null zu erreichen. 2021 betrug das Defizit knapp zwei Millionen Euro. Für 2022 rechnet Geschäftsführer Karls mit einem „leichten Verlust“, und hofft, den sukzessive weiter zu reduzieren. Ängsten aus der Bevölkerung oder der Politik, das St.-Remigius-Krankenhaus könne auf absehbare Zeit schließen oder verlagert werden, tritt er entschieden entgegen.
Neuer Plan von beiden Seiten positiv gesehen
Beide Krankenhäuser begrüßen den neuen Krankenhausbedarfsplan. Letztendlich ist Zentralisierung und Fokussierung eines der Ziele, nicht jedes Krankenhaus soll alles anbieten. Klinikums-Geschäftsführer Hans-Peter Zimmermann erklärt: „Wir können uns eine Konkurrenzsituation einfach nicht mehr leisten.“ Auch im Krankenhauswesen gehe es derzeit ums Überleben, finanziell und auch in Anbetracht des Fachkräftemangels.
Die komplette Gesundheitsversorgung der Stadt und auch weite Teile des bergischen Umlandes in Schlebusch zu konzentrieren, sei auch gar nicht sein Ziel, betont er. Denn auch wenn man nicht vorhabe, einzelne Fachbereiche an das St.-Remigius-Krankenhaus abzugeben, sieht er dessen Existenz nicht in Gefahr: „Opladen braucht einen medizinischen Standort. Da muss sich niemand Sorgen machen. In Opladen wird immer Medizin gemacht werden.“ Nur was künftig an welchem Standort noch angeboten wird, sei offen. Geschäftsführer Thomas Karls erinnerte auch an das Hochwasser, bei dem sich die Krankenhäuser ausgeholfen haben, es sei wichtig, dass es zwei davon in Leverkusen gebe.
Die meisten Überschneidungen gebe es derzeit im Bereich der Orthopädie. Diese sei aber „aus einem Großklinikum nicht wegzudenken“, wirbt Zimmermann für seinen Standort. Trotz eines geriatrischen Schwerpunktes in Opladen werde es auch in Schlebusch eine altersmedizinische Versorgung für die Patienten geben. Aus Opladen heißt es hingegen, die Leute „stimmen mit den Füßen ab“, man verweist auf einen 25-prozentigen Zuwachs an Patienten mit künstlichen Gelenken und auf spezielle Angebote wie Kinderorthopädie.
Zahlen erfüllt
Im Moment erfüllen beide Krankenhäuser nach eigenen Berechnungen in allen Disziplinen die Vorgaben. Klinikums-Geschäftsführer Zimmermann geht aber davon aus, dass das Land diese sukzessive nach oben schrauben wird, um die gewünschte Spezialisierung zu erreichen. Zurückstecken will keine der Leverkusener Kliniken. Ab dem 17. November geht es weiter, dann sollen die Verhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Krankenkassen beginnen.