Nach Leverkusen muss auch die Stadt Monheim mit deutlich weniger Gewerbesteuer als geplant rechnen.
Taskforce hat getagtAuch bei Leverkusens Nachbarin bricht die Gewerbesteuer ein
Nach der Stadt Leverkusen hat es auch die Stadt Monheim erwischt. Wie am Dienstag bekannt wurde, muss auch die Nachbarstadt mit deutlich weniger Geld aus der Gewerbesteuer rechnen als geplant. Rund 90 Millionen Euro wird die Stadt Monheim in diesem Jahr weniger einnehmen, für das kommende Jahr liegt der Fehlbetrag sogar bei 150 Millionen Euro.
In Monheim sitzen unter anderem mit „Crop Science Division“ der Bayer AG, OQ Chemicals und der BTC Europe GmbH, der europäischen Distributionsorganisation der BASF, ebenfalls namhafte Chemieunternehmen. Und, ähnlich wie in Leverkusen, gibt es auch hier einen extrem niedrigen Gewerbesteuerhebesatz. In beiden Städten liegt er bei 250.
Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen gibt es ansonsten kaum eine Kommune mit einem Hebesteuersatz unter 400. Ausnahmen sind zum Beispiel Langenfeld (299), Straelen (370 Prozentpunkte) und Schmallenberg (380).
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Leverkusen: Viele Unternehmensansiedlungen
Beide Städte haben sich davon Unternehmensansiedlungen erhofft, was auch in großen Teilen funktioniert hatte. Darauf hatten Leverkusens Kämmerer Michael Molitor und Oberbürgermeister Uwe Richrath zuletzt immer wieder hingewiesen. Alle diesbezüglichen Zusagen von Unternehmen seien eingehalten worden.
Trotzdem spüren Städte wie Leverkusen und Monheim in einer Wirtschaftskrise, die besonders die energieintensive Chemiebranche trifft, die brutalen Auswirkungen dieser Politik. In guten Zeiten sorgen die niedrigen Hebesätze und in der Folge die Unternehmensansiedlungen für sprudelnde Steuereinnahmen. In schlechten Zeiten sieht es dramatisch aus.
In Leverkusen fehlen aller Voraussicht nach rund 280 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen. Unter anderem hatten laut dem Kämmerer einige Unternehmen Steuerrückzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe erhalten, mit denen die Stadt kalkuliert hatte. Auch habe man mit einer größeren Unternehmensansiedlung in Leverkusen gerechnet, hatten Kämmerer und OB im Finanzausschuss mitgeteilt.
Stadt Leverkusen muss sparen
Jetzt gilt also: Die Stadt Leverkusen wird in ein Haushaltssicherungskonzept rutschen, auch für die kommenden Jahre drohen große Defizite. Die Verwaltung muss sparen. Wo und wie genau daran will sich auch die Politik beteiligen. Als erste Reaktion auf die finanzpolitische Katastrophe hatten die Grünen die Einrichtung einer „Task Force“ beantragt. Das heißt: Die finanzpolitischen Sprecher und Sprecherinnen der Ratsfraktionen, die Vorsitzende des Finanzausschusses, der Verwaltungsvorstand und der Fachbereich Finanzen sollen gemeinsam erarbeiten, wie eine Haushaltssicherung in Leverkusen gelingen kann.
Am Dienstagnachmittag hat sich das neue Gremium zum ersten Mal getroffen, nicht öffentlich. Zuerst, so teilt die Verwaltung am Mittwoch mit, habe man gezeigt, wie das Projekt verwaltungsintern organisiert werden soll – mit Lenkungskreis, Projektgruppe und Teilprojektgruppen. Die Grundlage für deren Arbeit seien die Listen mit Einsparpotenzialen und Bewertungen von Projekten. Die Fachbereiche erarbeiteten diese seit der Verhängung der Haushaltssperre „akribisch“, teilt die Verwaltung mit.
Außerdem stellte die Verwaltung der „Taskforce“ vor, wie der zeitliche Ablauf bis zur letzten Ratssitzung des Jahres am 16. Dezember geplant ist. Um kurzfristig zu sparen, und die entsprechenden Ideen in die politischen Gremien einzubringen, hätten OB Uwe Richrath und die Beigeordneten schon Potenziale in ihren jeweiligen Dezernaten aufgeführt.
Welche Potenziale das sind, ist öffentlich bislang nicht bekannt. SPD-Fraktionsvorsitzende Milanie Kreutz fordert jedenfalls jetzt Listen für den „weiteren, schwierigen und intensiven Prozess der Haushaltskonsolidierung“. Konkret könne es erst werden, wenn diese vorlägen.
Zahlen seien ihr wichtig, „um dann auch über die Auswirkungen, die gegebenenfalls an anderer Stelle entstehen, abwägen zu können“. Auch müsse stärker einfließen, wie die Stadttöchter die Stadt unterstützen könnten: „Mir geht es dabei vor allem um die Übernahme von Aufgaben, zum Beispiel von Bauträgerschaften.“ Kreutz verdeutlicht noch einmal, dass Leverkusen am 250-Punkte Gewerbesteuersatz festhalten müsse. Der sei ein Standortvorteil, „der auf Dauer für eine gute Mischung aus Industrie, Wirtschaft, Mittelstand und Handwerk sorgen und Leverkusen krisenfester machen wird“. Dazu heißt es in einer Mitteilung der SPD: „Mit Markus Märtens, dem Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Leverkusen (WfL), wollen wir in Kürze diskutieren, wie der Wirtschaftsstandort attraktiver gestaltet werden kann, um die Gewerbesteuereinnahmen zu sichern und auszubauen“. Feststehe auch für Kreutz, dass die Grundsteuer nicht angehoben werden solle.
Leverkusen: CDU sieht neue Perspektiven
Die CDU sieht die Ausführungen des Kämmerers in der Sitzung und den vorgestellten Prozess zur Haushaltskonsolidierung als „notwendig, um einen generellen Austausch über die Neustrukturierung der Leverkusener Finanzsituation zu ermöglichen“. Stefan Hebbel, Fraktionsvorsitzender, sagt, die Gespräche hätten gezeigt, dass die Politik in der Lage sei, neue Perspektiven zu schaffen. Hebbel sagt weiter: „Es ist klar, dass wir nun alle priorisieren müssen. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Priorisierung kein Alleingang der Parteien wird, sondern gemeinsam geschieht.“
Die Grünen loben in einer Stellungnahme die vertrauensvolle Atmosphäre in der Taskforce. So könnten unterschiedliche Sichtweisen ausgetauscht werden. Stefan Baake war als finanzpolitischer Sprecher der Grünen dabei. „Die Aufgabe ist immens, denn es darf nicht bei der Diskussion um einzelne, eher kleinere Sparposten bleiben“, sagt er. OB und Kämmerer müssten ein Konzept vorlegen, dass die Stadtfinanzen über Jahre hinweg konsolidiere.
Fraktionsvorsitzende Claudia Wiese sagt: „Angesicht des Haushaltslochs von hunderten Millionen Euro wird in Zukunft den Haushaltsberatungen eine noch größere Bedeutung zukommen.“ Wie der Kämmerer den Anwesenden mitgeteilt habe, werde der Etatentwurf 2025 Anfang des kommenden Jahres eingebracht. Die Verwaltung müsse klar darlegen, welche Aufgaben verpflichtend seien und wo es Spielraum gebe. Darauf aufbauend könne die Politik dann entscheiden.
OB Uwe Richrath lässt sich nach der Sitzung zitieren: „Unser oberstes Ziel ist es dabei, die Kosten so zu senken, dass wir in 2025 in ein Haushaltssicherungskonzept hinübergehen können. Das Team Stadtverwaltung hat im ersten Schritt durch pragmatisches Handeln kurzfristig belastbare Einsparmöglichkeiten vorgelegt. Nun liegt es an den politischen Gremien, diese zu bewerten und zu beschließen.“