An diesem Wochenende finden in vielen NRW-Städten Feste statt. Wie die Kommunen nach dem Anschlag in Solingen mit Sicherheitsfragen umgehen.
Nach MesserangriffAnteilnahme in NRW-Städten für Solingen – viel Polizei in Wermelskirchen
Nach dem Angriff in Solingen, bei dem drei Menschen gestorben sind und acht weitere verletzt wurden, machen sich auch andere Kommunen in NRW Sorgen um die Sicherheit bei ihren Großveranstaltungen. Auf Stadtfesten wurde daher die Polizeipräsenz teilweise erhöht. Die Menschen zeigten eine stärkere Sensibilität für mögliche Gefahren und auf vielen Veranstaltungen gibt es Gedenkminuten für die Opfer in Solingen.
So haben in Siegburg die Verantwortlichen nach Beratungen entschieden, das am Freitagabend eröffnete Stadtfest rund um den Marktplatz der Kreisstadt wie geplant fortzusetzen.
Kirmes in Wermelskirchen unter massivem Polizeischutz
„Solingen zeigt, wie schnell es ernst werden kann – auch für engagierte ehrenamtliche Einsatzkräfte“, sagt Bürgermeister Frank Stein am Samstag bei den Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen der Feuerwehr in Refrath. Viele Städte hatten nach der Bluttat vor allem Stadtfeste kurzfristig abgesagt. Die zweitgrößte Kirmes im Rheinisch-Bergischen Kreis in Wermelskirchen fand hingegen statt – unter verstärktem Schutz durch Sicherheitskräfte.
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Dazu wurden am Samstagmorgen sogar Polizisten aus dem Wochenende zurück in den Dienst beordert, um dann in Wermelskirchen auf Streife zu gehen. Am Samstagnachmittag stand der gesamte Rummel in Wermelskirchen auf einmal still – für eine Schweigeminute. Still gedachten Besucher und Schausteller der Opfer des Anschlags in der Nachbarstadt im Norden des Rheinisch-Bergischen Kreises. Laut der Stadt Wermelskirchen wurden die Polizeikräfte nahezu verdreifacht.
Vier Händler aus Solingen und ein weiterer Händler, bei denen Messer und Stahlwaren im Angebot waren, hatten diese Produkte umgehend aus dem Programm genommen. Der Messerschleifer aus Solingen hatte für Samstag seinen Stand geschlossen.
Siegburg verstärkte Polizeipräsenz bei Stadtfest
Beim Stadtfest im Einsatz waren 30 Kräfte eines privaten Sicherheitsdienstes, Streifen des städtischen Ordnungsdienstes sowie Beamte der Kreispolizei, schilderte David Dornseifer vom städtischen Veranstaltungsmanagement. Sie wurden in den Abendstunden durch Beamte einer Einsatzhundertschaft verstärkt.
Alle Einsatzkräfte seien angehalten worden, noch intensiver als ohnehin schon auf verdächtige Personen zu achten. Am Samstagmorgen wurden nach Rücksprache mit Landrat Sebastian Schuster, der auch Chef der Kreispolizei ist, weitere Polizeikräfte von Troisdorf nach Siegburg verlegt, um ab 13 Uhr beim Stadtfest Präsenz zu zeigen. Bei dem traditionell zum Siegburger Stadtfest gehörenden interkulturellen Gebet am Sonntag wurde zudem der Toten und Verletzten in Solingen gedacht.
Weniger Gäste beim Flugplatzfest in Leverkusen
Beim Burgfest in Windeck gab es eine Gedenkminute für die Menschen in Solingen. „Unsere bergische Seele weint“, sagte Bürgermeisterin Alexandra Gauß beim Festakt zum 850-jährigen Jahrestag der Lehensübergabe von Burg Windeck. Sie bat um eine Gedenkminute. „Angesichts der sinnlosen Tat möchte ich, dass wir kurz innehalten und an die Opfer, die Angehörigen, die Verletzten, die Einsatzkräfte des Rettungsdienstes, der Feuerwehr und der Polizei denken. Dass wir heute hier sind, ist wichtig. Eine solche Tat soll uns nicht die Lebensfreude nehmen. Menschen, die starke Wurzeln in ihrer Heimat haben, sind tolerant.“
Auch in Leverkusen zeigte sich schnell, dass die Geschehnisse in Solingen Einfluss auf Veranstaltungen in der Stadt haben. Am Wochenende fand das Flugplatzfest statt. Rund 1700 Erwachsen und 800 Kinder seien am Samstag über den Tag verteilt zum Fest gekommen, sagte Organisator Markus Ley. Im Vorjahr waren es rund 600 Menschen mehr – das liege seiner Ansicht nach wohl vor allem an den schrecklichen Ereignissen in Solingen am Freitagabend. „Mein Bauchgefühl ist, dass das einen großen Einfluss gehabt hat“, sagte Ley.
Leverkusen: Polizeieinsatz wegen Regenschirm, der wie ein Schwert aussah
Dass die Menschen nach dem Anschlag – zurecht – besonders sensibilisiert sind, zeigte sich auch bei einem Vorfall am Samstagmittag. Ein schwarz gekleideter Mann war auf das Gelände gekommen, aus seinem Rucksack ragte ein Schwertgriff heraus. „Unter den Besuchern, die diesen Mann gesehen haben, brach eine kleine Panik aus“, berichtet Ley. Er habe die Polizei gerufen. Als die den Mann kontrollierte, stellte sich das vermeintliche Schwert als Regenschirm heraus. Der Mann wurde des Geländes verwiesen. „Wie kann man so unsensibel sein, mit irgendwas, was aussieht wie eine Waffe, auf ein Fest zu gehen?“, fragt Ley empört.
Während die Stadt Hilden ihr Fest der Kulturen an diesem Wochenende nach dem Messerangriff auf dem Stadtfest im benachbarten Solingen abgesagt hatte, war das in Leverkusen kein Thema. „Für uns war ganz klar: Wir sagen nicht ab“, sagt Naima Azemmat vom verantwortlichen Verein Inter-Lev über das Kulturfest.
„Was in Solingen passiert ist, ist ganz furchtbar. Aber wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen. Gerade jetzt ist es umso wichtig, dass wir uns zeigen.“ Das betonte auch Oberbürgermeister Uwe Richrath, der das Fest der Kulturen in Leverkusen eröffnet hatte: „Das Festival der Kulturen im Neulandpark ist ein Ort, an dem wir zeigen, was wir sind: weltoffen, tolerant, vielfältig! Ich bin stolz darauf, Oberbürgermeister zu sein in einer Stadt, in der Menschen aus über 140 Nationen friedlich miteinander leben. Der Anschlag in Solingen darf kein Anlass für Hass sein. Vielmehr müssen wir jetzt enger zusammenstehen, für Demokratie und gegen Gewalt.“
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker äußerte sich in den sozialen Medien zum Angriff in Solingen und forderte die Menschen auf, den Hass nicht gewinnen zu lassen. Sie veröffentlichte auf Instagram ein Bild ihres Besuchs auf dem Dürener Straßenfest in Lindenthal.
Straßenfeste seien „Ausdruck der Lebensfreude, des Zusammenhalts und der Leidenschaft der Menschen für ihr Veedel“, schrieb sie dazu. Und: „Wir dürfen uns unsere Art zu leben nicht von Gewalt und Hass diktieren lassen.“
In Köln gab es derweil Gespräche mit der Polizei über die Sicherheitskonzepte der am Wochenende stattfindenden Großevents Gamescom und Gamescom City Festival.
Auch Kölns Nachbarstadt Wesseling nahm Anteil an den Geschehnissen in Solingen. „Auch einen Tag nach dem schrecklichen Anschlag auf dem Stadtfest in Solingen sitzt der Schock tief“, heißt es in einer Stellungnahme auf der Facebook-Seite der Stadt.
Ein Ereignis, das eigentlich im Zeichen von Freude und Gemeinschaft stehen sollte, sei auf grausame Weise überschattet worden. „In Gedanken sind wir bei den Opfern dieses Anschlags, bei ihren Familien sowie bei allen, die durch diese schreckliche Tat verletzt wurden – körperlich wie seelisch.“ (red)