Die Kölner Ex-Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner steht als erste Frau an der Spitze des Zentral-Dombau-Vereins, des wichtigsten Finanziers der Kathedrale.
Neue Präsidentin im ZDVBarbara Schock-Werner: „Der Dom braucht die Kölner“
Frau Schock-Werner, Sie übernehmen das Präsidentenamt beim Zentral-Dombau-Verein (ZDV) in einem Alter, in dem Dompröpste schon pensioniert sind und Kardinäle ans Aufhören denken müssen. Warum?
Als mir aus berufenem Munde gesagt wurde, „du solltest das machen“, war meine erste Reaktion tatsächlich: „Wieso ich? Ich bin doch viel zu alt.“ Doch dann habe ich mir überlegt: Ja gut, so ein neues Amt mit 76 ist schon ein bisschen kühn. Aber Alter ist relativ. Ich bin noch ganz fit, ich habe Ideen für etwas Bewegung im ZDV, und außerdem muss ich das ja nicht 20 Jahre machen. Ich bin jetzt erst einmal für vier Jahre in den Vorstand gewählt. Danach bin ich über 80 – und vielleicht reicht es dann auch.
Der ZDV braucht Bewegung, sagen Sie. Inwiefern?
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Es ist in den letzten Jahren etwas still geworden um den Verein. Das muss sich ändern. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen und sinkender Kirchensteuern braucht der Dom die Kölner Bürgerinnen und Bürger.
Allen voran dem Erzbistum müsste der Dom doch nicht nur lieb, sondern auch teuer sein.
Das will ich mal schwer hoffen. Ich habe von dieser fragwürdigen Idee gelesen, die Finanzierung der „Funktionsbereiche“ im Erzbistum an die Effizienz zu koppeln. Davon ist auch der Dom betroffen. Nun bin ich zwar felsenfest davon überzeugt, dass der Dom bei den Menschen auf das Konto der Kirche einzahlt, um in diesem merkwürdigen Denkmuster zu bleiben. Aber wie wollen Sie das erfassen?
Ihr Vorgänger hat im Missbrauchsskandal einen „Woelki-Effekt“ beklagt, der dem ZDV zu schaffen gemacht habe. Wieso sollte die Kölner Bürgerschaft für den Dom einspringen, wenn das finanzielle Bekenntnis der Kirche womöglich wackelt?
Es gab in den vergangenen Jahren in der Tat Austritte oder Abwehrreaktionen nach dem Motto: Mit dieser Kirche will ich nichts mehr zu schaffen haben. Umso wichtiger ist es, klar zu machen: Der Zentral-Dombau-Verein war von Anfang an überkonfessionell, er ist keine Vorfeld-Organisation des Erzbistums. Und der Dom ist zwar eine Bischofskirche, keine Frage. Aber er ist doch vor allem „unser Dom“, wie auch die nicht-katholischen Kölner sagen.
Wie wollen Sie das so unter die Leute bringen, dass es auf den ZDV einzahlt?
Ich möchte ein Bewusstsein schaffen, dass alle, die in Köln etwas auf sich halten und von „unserem Dom“ reden, in den ZDV gehen. Und ich finde: Wer als Kölnerin oder Kölner Gäste in den Dom führt, gehört in den ZDV. Ich bin strikt dagegen, Eintritt für den Dom zu nehmen. Aber ich sage: Statt Eintrittsgeld für den Dom – Eintritt in den ZDV.
Das können Sie sich wünschen, aber das heißt nicht, dass es auch passiert.
Deswegen muss man ein entsprechendes Bewusstsein schaffen. Als ich 1999 Dombaumeisterin wurde, habe ich bei gesellschaftlichen Anlässen noch ständig das „Dömchen“ gesehen, den Revers-Anstecker des ZDV. Dahin möchte ich gern zurück. Wir denken über Werbung an den Bauzäunen rund um den Dom nach – zeitgemäß mit QR-Code für Spenden. Vor allem aber glaube ich, dass wir an der Mitglieder-Pflege arbeiten müssen. Es gibt im ZDV so einen nur halbwegs lustigen Spruch: „Wir sind der einzige Verein, der nichts für seine Mitglieder tut.“ Das möchte ich dringend ändern.
Was haben Sie vor?
Sofortmaßnahme: Die ersten 100 Neumitglieder bekommen von mir eine exklusive Abendführung im Binnenchor des Doms. Und alle, die im November eintreten, bekommen schon für 2024 das „Domblatt“, das Jahrbuch des ZDV, mit vielen spannenden Beiträgen über den Dom und den Dombau. Mit Peter Füssenich, meinem Nachfolger als Dombaumeister, plane ich weitere Sonderführungen und attraktive Angebote nur für Mitglieder. Einem Steinmetz der Dombauhütte bei der Arbeit an einem Werkstück für den Dom über die Schulter schauen zu können – das stelle ich mir für Liebhaberinnen und Liebhaber des Doms schon interessant vor.
Überlebensnotwendig für jeden Verein ist der Nachwuchs. Wie wollen Sie jüngere Mitglieder für den ZDV gewinnen?
Wir werden uns auch Formate speziell für die Generation U25 überlegen.
Nur ist die meist knapp bei Kasse.
Der Mindestbeitrag für ZDV-Mitglieder beträgt 20 Euro. Im Jahr. Daran sollte es bei niemandem scheitern. Ich selbst bin auch schon als Studentin eingetreten. Als angehende Kunsthistorikerin war das Ehrensache. Und weil mir die 20 Mark im Jahr etwas mickrig vorkamen, habe ich von Anfang an ein bisschen mehr überwiesen. Ich erlebe gerade bei jungen Leuten, dass sie gern in Köln leben und sich der Stadt verbunden fühlen. Köln war – anders als gewisse Städte rheinabwärts – immer eine Bürgerstadt. Die Stadtmauer im Mittelalter war Bürgersache. Die bedeutenden Museen sind Bürgerstiftungen. Nirgends gibt es so viele Initiativen und bürgerschaftliches Engagement wie in Köln. Darin sehe ich die Chance, wieder ein Bewusstsein zu schaffen: „Ein guter Kölner, eine überzeugte Kölnerin ist Mitglied im ZDV.“
Wenn sich im ZDV das Engagement der Stadtgesellschaft für den Dom bündeln und widerspiegeln soll, ist es dann gut, wenn die Präsidentin so eindeutig aus dem Dunstkreis des Doms selbst kommt wie Sie als Ex-Dombaumeisterin?
Ich sehe mich längst nicht mehr nur als Vertreterin des Doms, sondern als aktiven Teil der Stadtgesellschaft mit einem Engagement, das nicht nur dem Dom gilt. Und ich wiederhole: Diese Präsidentschaft ist nicht für die Ewigkeit. Im Moment aber erscheint es mir und anderen günstig, wenn ich das mache. Dass ich ein bisschen Ahnung habe von dem, was der Dom braucht, muss ja auch kein Schaden sein. In Gesamtvorstand und Beirat sind außerdem genügend Leute, die von Berufs wegen nichts mit dem Dom zu tun haben.
Dom-Talk bei frank&frei
Was ist los am Dom? ZDV-Präsidentin Barbara Schock-Werner und Dombaumeister Peter Füssenich berichten mit selten gezeigten Bildern über Sanierungsprojekte und Bauvorhaben am Dom.
Talkreihe „frank&frei“ des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit Chefkorrespondent Joachim Frank.Dienstag, 22. Oktober, 19 Uhr, Karl-Rahner-Akademie, Jabachstraße 4-8, 50676 Köln.Eintritt: 10 Euro (ermäßigt und mit KStA-ABOCARD 5 Euro). Anmeldung: Tel. 0221/801078-0 oder hier per E-Mail.