Die laut KVB „einsamste Haltestelle“ Kölns wird zwar oft angefahren, nimmt aber nur wenige Menschen mit.
Weniger als zehn Fahrgäste täglichDas ist die einsamste KVB-Bushaltestelle Kölns
In den Böen des Winds schlägt die Tür eines wettergegerbten Dixi-Klos auf und zu. Erst Sonnenschein über dem Feld vor Köln-Rondorf, dann ein kurzer Schauer. Ein Baustellenschild kippt um. Von dem tristen Schauspiel vor dem über lange Strecken verwaisten Eingangsweg zum Friedhof Steinneuerhof kriegen an diesem Nachmittag nur wenige Leute etwas mit – am ehesten noch die Busfahrerinnen und Busfahrer der KVB, die den abgelegenen Wendehammer laut Fahrplan tagsüber bis zu sechs Mal pro Stunde umfahren, meist aber ohne zu halten.
Ein- oder Aussteigen will hier niemand, zumindest fast. Die Haltestelle Friedhof Steinneuerhof gilt als „einsamste Haltestelle“ Kölns. Angefahren wird sie von der Linie 131. Dies tut sie zwar sehr regelmäßig, nimmt aber nicht viele Menschen mit: weniger als zehn pro Tag, sagt die KVB.
Kölner Bushaltestelle wird von weniger als zehn Menschen pro Tag genutzt – und hält 46 Mal
Fahrgäste, die sich an der abgelegenen Station aussetzen lassen, bleiben durchaus als Raritäten im Gedächtnis des KVB-Personals hängen: „Sie sind hier auf dem Hinweg schon bei mir mitgefahren“, erinnert sich der Busfahrer an die einzige Zusteigerin, die sich zufällig auch seiner Rücktour nach Zollstock anschließt. „Manchmal ein mal, manchmal weniger“, antwortet er auf die Frage, wie oft er hier am Tag zum Halten auf die Bremse treten müsse.
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Trotz geringer Frequentierung: Im Vergleich zu den ödesten Busstationen im Umland scheint der Haltestellenservice im Kölner Süden fast schon luxuriös. Die einsamste Bushaltestelle Bergisch Gladbachs etwa weist nur einen Mülleimer und ein Schild auf. Beim Pendant im Rhein-Sieg-Kreis steht man halb auf einer Wiese, halb in einem Busch, während man auf den Bus wartet. Da haben es wartende Fahrgäste an der einsamsten Bushaltestelle in Rondorf komfortabler: Sie bietet eine Sitzbank, einen Fahrplan und ist sogar überdacht. Einige wenige Meter vom Wartehäuschen entfernt steht ein kleiner Mülleimer.
Was die Haltestelle zur verlassensten Station macht, ist laut KVB nicht nur die geringe Zahl der Fahrgäste, sondern auch die Umgebung. Der Name verrät es schon: Die Station ist in erster Linie als Ein- und Ausstieg für Friedhofsbesucherinnen und -besucher angedacht. Laut Webseite der Stadt Köln befinden sich auf dem Steinneuerhof 9920 Grabstätten auf 129.100 Quadratmetern. Der Friedhof wurde im Jahr 1969 eröffnet und war als Entlastung für den Südfriedhof vorgesehen.
„Wirkt unscheinbar, ist aber ein Geheimtipp“, sagen zwei Fußgänger, die die Grabstätte besuchen. Eine Art Geheimtipp ist auch die zugehörige Haltestelle, zumindest für Fahrgäste, die dem Trubel der Innenstadt entkommen wollen. Da gibt es grün statt graues Straßenpflaster und Ruhe statt Lärm.
Station dient dem Ein- und Ausstieg von Friedhofsgästen
Von 8.51 Uhr morgens bis 16.31 Uhr verkehrt die Buslinie 131 hier unter der Woche im Zwanzig-Minuten-Takt in Richtung Sülz. Dreimal die Stunde hält auch der Bus der Gegenrichtung nach Sürth am Friedhof.
Wir haben nachgerechnet: Die Linie 131 fährt die Haltestelle unter der Woche also 46 Mal pro Tag an. Trotzdem wird sie – nach Angaben der KVB – von weniger als zehn Menschen täglich genutzt. Vergleicht man das allerdings mit der einsamsten Haltestelle Euskirchens, erscheint der Wert dann doch nicht so niedrig: Das Euskirchener Äquivalent nutzt nur eine einzige Person überhaupt.
Köln-Kalk: Eine Bushaltestelle macht Rondorf Konkurrenz
Konkurrenz bekommt die Haltestelle im Stadtbezirk Rodenkirchen von der „Erker Mühle“ in Köln-Kalk. Eine Straße liegt zwischen den beiden ähnlich aufgebauten Wartehäuschen in beide Richtungen, Wald und Felder drumherum. Von Porz bis Dünnwald und zurück verkehrt die Buslinie 154, macht unter der Woche alle 20 Minuten Halt an der Erker Mühle.
Auch hier steigen laut KVB weniger als zehn Menschen täglich ein. Vermutlich, weil sich drumherum in erster Linie Waldgebiet und Felder befinden. Obwohl, was hat es mit der für die Haltestelle namensgebenden Erker Mühle auf sich?
Die Erker Mühle ist heute – vereinfacht gesagt – nur noch ein Mühlrad aus Metall im Königsforst. Es steht am Rande des Naherholungsgebiets der „Brücker Hardt“, ist ein Denkmal und soll an die Erker Mühle erinnern, die hier einst aufzufinden war. Biegen Wandernde vom Brücker Mauspfad in den Olbertsweg ein, sehen sie das Mühlrad sofort. Schon vor 200 Jahren wurde die Erker Mühle am Mauspfad erwähnt. Wann genau sie errichtet wurde, ist nicht bekannt.
Wanderer nutzen diese Gegend für einen Ausflug durch den Königsforst, das größte zusammenhängende Waldgebiet im rechtsrheinischen Köln, gerne. Vermutlich nutzen die Spazierenden in der Regel allerdings weniger den Bus, um Erker Mühle, Flehbach und Selbach zu erkunden, dafür mehr den großen Parkplatz am Waldkindergarten. Oder den Parkplatz wenige Meter von der Bushaltestelle entfernt.
Die einsamsten Bushaltestellen rund um Köln bieten oft nicht mehr als einen Busfahrplan. Die Haltestelle Erker Mühle dagegen sogar drei Sitzplätze. Sollten alle drei belegt sein – was bei weniger als zehn Fahrgästen täglich schon großes Pech wäre – können Fahrgäste einfach die Straßenseite wechseln und es sich beim gegenüberliegenden Wartehäuschen gemütlich machen. Nicht zu gemütlich, man möchte schließlich nicht den Bus verpassen.