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Nahost-Konflikt an der Uni KölnUntersagt die Uni Studierenden mit Palästinensertuch Zutritt?

Lesezeit 4 Minuten
Pro-Israel-Demo am Albertus-Magnus-Platz

Pro-Israel-Demo an der Universität Köln

Pro-palästinensische Aktivisten haben für Donnerstag eine Kundgebung an der Uni Köln geplant. So hat der Nahost-Konflikt die Uni im letzten Jahr beschäftigt.

Der Streit um den Nahost-Konflikt schwelt ein Jahr nach den Terrorangriffen der Hamas auf Israel und dem anschließenden Krieg in Gaza auch an der Universität zu Köln weiter. Für Donnerstag haben pro-palästinensische Aktivisten erneut zu einer Kundgebung an der Uni aufgerufen. Sie fordern die Hochschulleitung dazu auf, die Zusammenarbeit mit „israelischen Kooperationspartnern“ einzustellen und „den fortlaufenden Genozid an den Palästinenserinnen anzuerkennen“, heißt es in einer Ankündigung. Laut Polizei sind 50 Personen angemeldet. Kurzfristig haben pro-israelische Demonstranten zu einer Gegendemonstration aufgerufen.

Wie in anderen Städten kommt es auch an der Universität zu Köln seit einem Jahr immer wieder zu Auseinandersetzungen. Nachdem sich die Situation zuletzt beruhigt zu haben schien, gab es rund um den Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel mehrere Vorfälle.

Vorfälle an der Uni Köln rundum den Jahrestag der Terrorangriffe der Hamas auf Israel

Pro-Palästinensische Aktivisten störten eine Rede des Rektors Joybrato Mukherjee, Anfang Oktober kam es zu einer Farbattacke auf die Unimensa. Streit entzündet sich nun auch an einem Stück Stoff: Am Mittwoch tauchte auf dem Instagram-Kanal von „Camp for Palastine“ ein Video auf, in dem zu sehen ist, wie Sicherheitskräfte mehreren Frauen den Zugang zur Universität verbieten.

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Das Video ist im Verborgenen aufgenommen und zeigt, wie die jungen Frauen mit einer Kufiya, also dem sogenannten Palästinensertuch, das Hauptgebäude betreten wollen. Die Sicherheitskräfte sagen, Studierende mit Kufiya dürften dies nicht. „Unser Chef hat zu uns gesagt, dass wir euch nicht reinlassen dürfen“, sagt einer der Sicherheitskräfte.

Das Tuch gilt als umstrittenes Symbol: Ursprünglich stammt es aus dem Irak. Im Zuge des Nahost-Konflikts entwickelte es sich zu einem palästinensischen Nationalsymbol und wird auch im Westen in der linken Szene als Zeichen der Solidarität mit den Palästinensern getragen.

Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestreitet eine Unisprecherin, dass es ein Verbot gebe, „das sich auf bestimmte Kleidungsstücke bezieht“, es gebe auch „kein Verbot“ der Kufiya. Und: „Wir werden diesen Vorgang intern erörtern und bewerten. Grundsätzlich gilt: Wir sind den Kollegen vom Sicherheitsdienst dankbar, dass sie Störungen des Universitätsbetriebs und Sachbeschädigung verhindert haben, auch im Rahmen der Erstsemesterbegrüßung.“

Pro-Palästina-Demonstrantin mit Kufiya (Symbolbild)

Pro-Palästina-Demonstrantin mit Kufiya (Symbolbild)

Erstes Jahr im Amt von Mukherjee: Nahost-Konflikt an der Uni Köln

Mukherjee ist nun ein Jahr Rektor, der Nahost-Konflikt hat sein erstes Jahr im Amt also mitgeprägt. Von vorneherein gehörte es zu seinen Aufgaben, die Uni Köln in der Nahost-Frage zu positionieren. Unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023 zeigte sich die Uni Köln mit Israel solidarisch und veröffentlichte ein entsprechendes Statement.

Damals wie jetzt gelte: „Wir stehen in unverbrüchlicher Solidarität zu unseren Partnern und Freunden in Israel“, teilt Mukherjee auf Anfrage mit. Das bedeute jedoch nicht, „dass wir Kritik an der israelischen Regierung unterbinden wollen – diese darf und soll geäußert werden, gerade im freien Diskursraum einer Universität. Die Eskalation der Gewalt sehen wir mit großer Sorge und bangen um die Zivilbevölkerung im gesamten Nahen Osten. Wir hoffen auf ein Ende der Gewaltspirale“, so Mukherjee weiter.

Unirektor Joybrato Mukherjee

Unirektor Joybrato Mukherjee in seinem Büro (Archivfoto)

Auseinandersetzungen an der Uni Köln vergleichsweise friedlich

Dass sich der Nahost-Konflikt bisher vergleichsweise friedlich an der Uni niederschlage, begründet Mukherjee so: „Die Stadt Köln trägt sicher auch dazu bei. Hier gibt es eine sehr starke, weltoffene Zivilgesellschaft mit einer starken jüdischen Gemeinschaft und einer aktiven Deutsch-Israelischen Gesellschaft.“

Rund zwei Monate lang haben pro-palästinensische Aktivisten im Sommer an der Uniwiese kampiert. Kölner Bündnisse wie „Bündnis gegen Antisemitismus Köln“ forderten einen Stopp des Camps und warfen den Teilnehmern Antisemitismus vor. Die Camp-Leitung wies dies zurück und betonte, sich gegen Antisemitismus auszusprechen. Ende Juni lösten die Demonstranten das Camp freiwillig auf, kündigten aber an: „Das Protestcamp war nur der Anfang“. Im Juli blockierten zehn Aktivisten den Haupteingang der Uni Köln, die Polizei räumte sie daraufhin.

Die Uni Köln habe sich stets für die Versammlungsfreiheit ausgesprochen, sagt Mukherjee zu den Protesten. „Gleichzeitig greifen wir konsequent ein, wenn der Hochschulbetrieb oder gar die Sicherheit auf dem Campus beeinträchtigt werden. Wir dulden keine Form des Antisemitismus oder andere Formen der Diskriminierung.“

Im vergangenen Jahr operierte das Rektorat etwa punktuell mit Hausverboten. Zum Beispiel anlässlich des Besuchs des israelischen Botschafters Ron Prosor, dem auch ein Farbanschlag am Hauptgebäude vorausgegangen war. Man habe Boykott-Aktionen während des Besuchs befürchtet, hieß es.

Uni Köln und der Nahost-Konflikt: Besuch des israelischen Botschafters und Ausladung von Nancy Fraser

Der Student hatte einen Eilantrag gestellt, dem das Kölner Verwaltungsgericht stattgegeben hatte. Auch sagte Mukherjee später, dass er Exmatrikulationen als Mittel wegen Antisemitismus für möglich halte.

Der Nahost-Konflikt hatte im Mai auch Auswirkungen auf die renommierte Albertus-Magnus-Professur. Rektor Mukherjee lud die US-Philosophin Nancy Fraser aus. Diese hatte im vergangenen Herbst gemeinsam mit anderen Wissenschaftlerinnen ein umstrittenes Palästina-Manifest unterschrieben. Das Manifest relativiere die Gewaltakte der Hamas und rufe zum Boykott israelischer Institutionen auf, lautete die Begründung für die Absage der besonderen Ehrung für Fraser.