Jede Kommune setzt die Steuer auf Grundstücke selbst fest. Betroffen sind auch Mieter. Hier die aktuellen Zahlen aus dem Kreis Euskirchen.
ÜberblickViele NRW-Kommunen erhöhen Grundsteuer B – So sieht es im Kreis Euskirchen aus
Bei den Zahlen, die der Bund der Steuerzahler NRW kürzlich veröffentlicht hat, könnte Immobilienbesitzern und Mietern angst und bange werden. Zahlreiche Kommunen im Land erhöhen die Grundsteuer B in diesem Jahr. Einige auch im Kreis Euskirchen.
Die Grundsteuern sind eine der Haupteinnahmequellen der Kommunen. Sie werden gebraucht, um etwa Dorfgemeinschaftshäuser, Schulen und Straßen zu finanzieren. Sie sind auch die Einnahmen, deren Höhe sie selbst bestimmen können.
Hohe Steuern machen die Kommunen nicht gerade attraktiv
Allerdings müssen die Mitglieder der Stadt- und Gemeinderäte immer eins bedenken: Hohe Steuern machen eine Kommune nicht gerade attraktiv für den potenziellen Zuzug und für die Wirtschaft – und Parteien übrigens beim Wahlvolk auch nicht.
Die Grundsteuer B wird für bebaute und unbebaute Grundstücke erhoben. Über die Nebenkosten kann ein Vermieter die Grundsteuer B auf die Mieter umlegen. Die Entscheidung der Räte, wie hoch der Hebesatz liegen soll, hat also Auswirkungen auf fast alle Bürger.
Es ist halt ein Unterschied, ob man den individuell für jedes Grundstück festgelegten Grundsteuermessbetrag mit 4,9 multiplizieren muss – wie etwa in Nettersheim (Hebesatz 490 Prozent) – oder mit 11 wie in Niederkassel, das mit einem Hebesatz von 1100 Prozent laut Steuerzahlerbund Spitzenreiter in der Region ist.
Die meisten Kommunen im Kreis verzichten auf Steuererhöhungen
Darauf, dass der Vergleich in Teilen hinkt, macht der Schleidener Beigeordnete Marcel Wolter aufmerksam. Es komme vorrangig auf die Bodenrichtwerte an, die wiederum den Grundsteuermesswert beeinflussten.
Wenn dann etwa der Quadratmeter Bauland in Gemünd 120 Euro wert ist, im nördlichen Kreis Euskirchen aber 350 Euro, können dort mit einem niedrigeren Hebesatz die gleichen Einnahmen für die Stadt- oder Gemeindekasse generiert werden, so Wolter.
Davon abgesehen, wird derzeit landesweit kräftig an den Steuerschrauben gedreht. „Die Schallmauer von 1000 Punkten ist in NRW durchbrochen, und viele Kommunen planen Hebesätze, die davon nicht weit entfernt sind“, so der Verbandsvorsitzende Rik Steinheuer kürzlich.
Von den Höchstwerten wie in Niederkassel sind die Kommunen im Kreis Euskirchen noch ein gutes Stück entfernt, wobei die Verantwortlichen in den Rathäusern wissen, dass es künftig zu Steigerungen kommen kann.
Mechernich macht 2024 wohl Defizit, hat aber noch einiges in der Rücklage
In diesem Jahr stehen in den meisten Kommunen des Kreises Euskirchen keine Erhöhungen bei der Grundsteuer an. Und die, die erhöhen, tun's vergleichsweise moderat, wie eine Umfrage diese Zeitung in den Rathäusern ergab:
Bad Münstereifel: Es bleibt bei 695 Prozent Hebesatz bei der Grundsteuer B. „Eine Erhöhung der Hebesätze wird 2024 nicht vorgenommen, weil der Rat bereits für 2023 eine Erhöhung von 635 auf 695 Punkte beschlossen hatte“, teilt die Stadt Bad Münstereifel auf Anfrage mit.
Blankenheim: Die Ahr-Gemeinde verzichtet auch in diesem Jahr auf Steuererhöhungen, wie Bürgermeisterin Jennifer Meuren mitteilt. Seit 2020 gelte ein Grundsteuer-B-Hebesatz von 650 Prozent. Zwar rechne die Gemeinde Blankenheim in diesem Jahr mit einem Defizit, das aber niedriger ausfalle als in den Planungen für die Jahre seit 2009. Am Ende kam es dann auch nicht so schlimm. Deutlich höhere Gewerbesteuereinnahmen etwa sorgten dafür, dass die Haushaltsjahre 2021 und 2022 positiv abgeschlossen wurden.
Energiekrise und Preisexplosion: Dahlem erhöht Grundsteuer B
Dahlem: Die Gemeinde Dahlem erhöht den Hebesatz der Grundsteuer B – um 11 Punkte. 2023 lag er unverändert zum Vorjahr noch bei 554 Prozent, die Verwaltung hatte eine Erhöhung auf 580 Prozent für nötig gehalten. Der Rat beschloss schließlich 565 Prozent.
„Vor dem Hintergrund des strukturellen Haushaltsdefizits der Gemeinde sowie mit Blick auf die enormen Haushaltsbelastungen in 2024 durch die Energiekrise und die hohe Inflation sowie die hieraus resultierenden massiven Preisexplosionen in sämtlichen Bereichen der gemeindlichen Daseinsvorsorge ist eine Erhöhung unausweichlich“, begründet Bürgermeister Jan Lembach diesen Schritt.
Euskirchen: Der Hebesatz für die Grundsteuer B beträgt in Euskirchen 496 Prozent. Er ist nach Angaben der Stadt seit 2013 unverändert — und auch für 2024 ist keine Erhöhung der Hebesätze vorgesehen.
Hellenthal: Alles bleibt beim Alten: Der Hebesatz der Grundsteuer B wird weiterhin mit 595 Prozent berechnet. „Eine Erhöhung der Hebesätze im Jahr 2024 ist nicht notwendig gewesen, da der Haushalt durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage ausgeglichen werden kann“, erläutert Katharina Mahlstedt vom Fachbereich Zentrale Dienste und Finanzen der Gemeinde. Letztmalig seien die Hebesätze 2021 erhöht worden.
Kall: Verwaltung und Rat waren sich für dieses einig: Die Grundsteuer B wird in diesem Jahr nicht angehoben: „Damit bleibt der Hebesatz unverändert bei 555 Prozent“, so Bürgermeister Hermann-Josef Esser. Dieser sei seit 2015 unverändert und rangiere damit im kreisweiten Vergleich mittlerweile im unteren Bereich.
In den Rathäusern stellt man sich auf schwierige Zeiten ein
Mechernich: Ohne Steuererhöhungen kommt die Stadt Mechernich in diesem Jahr aus — wie bereits seit 2016. Und das, obwohl Kämmerer Ralf Claßen in diesem Jahr mit einem Defizit rechnen muss. Er kann aber aufgrund der Überschüsse, die seit 2015 jedes Jahr erwirtschaftet wurden, auf eine Ausgleichsrücklage in Höhe von 8,5 Millionen Euro zurückgreifen. Je nach wirtschaftlicher Entwicklung könne die diesjährige Entnahme zwischen 1,4 und 3 Millionen Euro liegen.
Dadurch bleibt es bei einem Hebesatz für die Grundsteuer B von 595 Prozent. 2016 seien die Steuern letztmals erhöht worden. „Lange Zeit waren wir an der Spitze des Kreises Euskirchen, heute sind wir da, wo der 1. FC Köln gerne wäre: im gesicherten Mittelfeld“, so der Mechernicher Kämmerer.
Nettersheim: Zu den Kommunen im Kreis Euskirchen, die die Grundsteuer B erhöht haben, gehört die Gemeinde Nettersheim. Um 20 Punkte steigt der Hebesatz auf 490 Prozent für dieses Jahr.
Das ist laut Daniela Glehn der erste Anstieg seit 2019. Gründe seien die prekärer werdende Haushaltslage mit wegbrechenden Gewerbesteuern, eine geringere Schlüsselzuweisung des Landes bei im Gegenzug steigenden Aufwendungen in vielen Bereichen vor allem auch im Bereich der Umlageverbände. Trotzdem habe Nettersheim immer noch den niedrigsten Hebesatz im Kreis Euskirchen.
Städte und Gemeinden befürchten hohe Zahlungen an den Kreis
Schleiden: 735 Prozent beträgt der Hebesatz bei der Grundsteuer B in Schleiden in diesem Jahr. Damit bleibt er unverändert. „Wir konnten erfreulicherweise in den letzten Jahren immer einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und einen positiven Jahresabschluss erzielen“, sagt Bürgermeister Ingo Pfennings.
Das liege maßgeblich zum einen an einer konservativen Haushaltsführung und zum anderen an einer hohen Steuererhöhung, die noch unter seinem Vorgänger durchgeführt worden sei. „Damit ist es konstant zu einer Steigerung des Eigenkapitals gekommen, die aber auch dringend nötig war und weiter ist“, so Pfennings.
Weilerswist: Die Gemeinde hat die Hebesätze 2018 per Satzung bis zum Jahr 2024 festgelegt, wie Kämmerer Alexander Eskes erläutert.
Und auch, wenn sich die Welt inzwischen erheblich verändert hat, bleibt es bei einem Grundsteuer-B-Hebesatz von 610 Prozent. „Wir hatten in der Vergangenheit gute Jahresabschlüsse, dadurch haben wir auch etwas in der Ausgleichsrücklage“, so Eskes.
Zülpich: In Zülpich bleibt es bei 690 Prozent Hebesatz bei der Grundsteuer B. „Der sehr restriktive Sparkurs unter Ausschöpfung sämtlicher Haushaltsverbesserungen macht eine Erhöhung unter anderem des Grundsteuer-B-Hebesatzes nach aktuellem Stand nicht notwendig“, teilt die Stadtverwaltung auf Anfrage mit. Seit sechs Jahren verzichte die Stadt auf Steuererhöhungen.
Wenig Hoffnung in den Rathäusern – Ralf Claßen: „Die fetten Jahre sind vorbei“
Die Kommunen im Kreis verzichten 2024 weitgehend auf Steuererhöhungen oder erhöhen sie vergleichsweise moderat. Mit Blick auf die kommenden Jahre hört man aber auch Töne, die nicht viel Hoffnung machen.
„Von der Tendenz her steht hinter allen Hebesätzen ein Fragezeichen“, stellt Schleidens Kämmerer Marcel Wolter fest. „2025“, ergänzt sein Chef, Bürgermeister Ingo Pfennings, „wird – Stand jetzt – eine große Herausforderung.“
„Sehr kritisch“ sieht man die Lage etwa im Rathaus Zülpich: Es mangele an einer ausreichenden Finanzierung der Kommunen durch die staatliche Ebene. Staatliche Sondervermögen müssten finanziert werden, die Umlagen etwa des Kreises dürften steigen und die Zinsen steigen – „um nur eine kleine Auswahl zu treffen“.
Bad Münstereifels Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian sagt: „Zur Wahrnehmung der Pflichtaufgaben und deren recht- und gesetzmäßigen Durchführung hat die Stadt die Haushaltsansätze 2024 gebildet und das Haushaltssicherungskonzept bis 2033 aufgestellt.“ Ohne auskömmliche Finanzierung der Kommunen durch Land und Bund werde die Handlungsfähigkeit in Bad Münstereifel auf Dauer massiv eingeschränkt sein, so Preiser-Marian.
Ihre Kollegin Jennifer Meuren sieht viele offene Fragen, was die finanzielle Zukunft der Gemeinde Blankenheim angeht: „Ob sich Einnahmen aus der Windkraft generieren lassen, ist abzuwarten.“ Wie die Unterstützung des Landes, etwa beim Ganztag-Ausbau aussehe, ebenso. „Die aktuelle Förderung ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Meuren.
Dahlems Bürgermeister Jan Lembach schließt Erhöhungen in den Folgejahren nicht aus: „Sofern bei unveränderter Haushaltslage unter Berücksichtigung der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen kein höherer Ausgleich seitens des Bundes und/oder des Landes erfolgt, wird bei defizitären Gemeindehaushalten eine angemessene Erhöhung auch zukünftig erforderlich sein.“
Die Parameter seien negativ, was etwa die kommunalen Anteile an der Einkommenssteuer oder die Schlüsselzuweisungen des Landes betreffe, während Kosten und Zinsen steigen, erklärt der Mechernicher Kämmerer Ralf Claßen: „Die guten Jahre sind vorbei.“ Auch die Kreisumlage werde wohl erheblich steigen.
Grundsteuer-Reform stößt im Kreis Euskirchen auf Skepsis
Der Hebesatz in der jeweiligen Kommune ist nur ein Faktor für den Steuerbetrag, den Grundstücksbesitzer und am Ende auch die Mieter bezahlen müssen. Ein anderer ist der Grundsteuerwert, der für jede Immobilie gesondert festgelegt wird. Millionen Grundbesitzer mussten ihre Angaben zu ihren Grundstücken erneuern. Was das für den Einzelnen und für die Kommunen bedeuten wird, ist indes noch nicht abzusehen.
„Ein Blick in die Zukunft ist zurzeit schwierig. Das muss man abwarten“, sagt etwa Ralf Claßen, Kämmerer der Stadt Mechernich. Möglich sei, dass eine Reihe von Grundstücksbesitzern etwas mehr zahlen müssen, weil Gewerbegrundstücke entlastet würden. Das sei logisch, weil ja Aufkommensneutralität herrschen soll. „Die Stadt hat bisher 5,7 Millionen Euro eingenommen, die braucht sie auch künftig“, erläutert Claßen.
Der Kaller Bürgermeister Hermann-Josef Esser befürchtet, dass dieser Effekt etwa für Kall mit seinen großen Gewerbegebieten besonders stark ausfällt. „Sollte es nicht gelingen, die Verschiebung zulasten der Wohnobjekte zu reduzieren, wären die Besitzer von Ein- und Mehrfamilienhäusern – oder deren Mieter über die Nebenkosten – im Falle einer Erhöhung der Hebesätze doppelt belastet.“
Esser rechnet im Übrigen nicht damit, dass die Reform, wie geplant, zum 1. Januar 2025 greifen wird – „angesichts Zehntausender Einsprüche NRW-weit und rund acht Prozent Liegenschaften, für die noch keine Unterlagen eingereicht wurden.“
Vieles liege noch in den Sternen, sagt auch der Weilerswister Kämmerer Alexander Eskes. Er rechnet für Mai mit den Grundsteuer-Messverzeichnissen von den Finanzämtern. Es werde aber wohl „Verschiebungen für den ein oder anderen“ geben.
Zu den möglichen Folgen der neuen Berechnungen der Grundsteuer B sagt auch der Euskirchener Bürgermeister Sacha Reichelt: „Es wird Grundbesitzer geben, die im Einzelfall künftig einen höheren oder einen geringeren Grundsteuerbetrag zahlen müssen.“ Die konkrete Entwicklung bei den Grundsteuern werde abhängig sein von den Ergebnissen der gesetzlichen Grundsteuerreform.
Für die Stadt Euskirchen bedeute das: „Es soll über das Gesamtaufkommen zu einer Aufkommensneutralität kommen, das heißt, dass die Stadt Euskirchen durch die Grundsteuerreform keine allgemeine Steuererhöhung beabsichtigt“, erklärt der Bürgermeister der Kreisstadt.